Die Digitalisierung soll die Kommunikation zwischen Kunde und Bank nicht ersetzen, sondern ergänzen. Deshalb investieren die Raiffeisenbanken in den kommenden vier Jahren mehr als 500 Millionen Euro in diesem Segment, berichten Bankvorsitzender Manfred Göhring (rechts) und sein Stellvertreter Walter Engelhardt. Foto: Christian Geist

Bankvorsitzender Manfred Göhring sieht den persönlichen Kontakt als wichtigen Erfolgsfaktor der Raiffeisenbank

Feucht

Die Raiffeisenbank Altdorf-Feucht blickt sehr zufrieden auf das abgelaufene Geschäftsjahr zurück. Einzig bei Unternehmenskrediten hatte sich die Bank mehr Wachstum versprochen.

Sieben Prozent Wachstum hatten sich Vorstandsvorsitzender Manfred Göhring und seine Mitarbeiter für 2018 vorgenommen. Zum Jahresschluss stand ein Ergebnis von 1,2 Prozent. „Den Firmen geht es gut, die Auftragsbücher sind voll, Gelder bleiben im Unternehmen“, meint Göhring und erklärt das geringe Wachstum zum einen mit der besseren Liquidität der Betriebe. Zum anderen hielten sich Unternehmer immer öfter mit Investitionen zurück, weil sie ein gewisses Alter erreicht, die Nachfolge im Betrieb aber nicht geregelt haben. Inzwischen gibt es etwa von Seiten der Industrie- und Handelskammer spezielle Unternehmerbörsen, bei denen sich Unternehmer und potenzielle Nachfolger kennenlernen können. Neben dem historisch tiefen Zinsniveau ist es dem geringen Wachstum der Unternehmenskredite geschuldet, dass die Raiffeisenbank einen Rückgang beim Betriebsergebnis zu verzeichnen hat: von 6,5 auf 5,8 Millionen Euro.

Der Wunsch nach Betongold

Ungebrochen hingegen ist die Nachfrage nach Krediten für Wohnimmobilien – trotz steigenden Preisniveaus. „Irgendwann muss hier der Scheitel erreicht sein“, sagt Göhrings Stellvertreter Walter Engelhardt. Denn für den privaten Wohnungsbau sei die Belastung inzwischen sehr hoch und für Kapitalanleger sei kaum noch eine Rendite zu erzielen. Göhring verdeutlicht dies an einem kleinen Rechenbeispiel: Während man vor zehn Jahren die zwölffache Jahresmiete als guten Kaufpreis für eine Immobilie angesehen und das 13- bis 14-fache als teuer eingestuft habe, sei heute unter dem 20-fachen nichts mehr zu bekommen. Weil die Bau- stärker angezogen haben als die Mietpreise, sind die Renditen für Kapitalanleger entsprechend gesunken.

Sicherheit vor Rendite

Trotz oder gerade wegen des weiterhin niedrigen Zinsniveaus öffnen sich die Kunden der Raiffeisenbank sukzessive längerfristigen Anlageprodukten. So stiegen die Spareinlagen um 15 Prozent auf 117 Millionen Euro und die Zeichnung von Sparbriefen zu Sonderkonditionen um 18 Prozent. In Summe errechnet sich für Bankgelder ein Steigerungswert von 6,1 Prozent. Doch warum verzeichnet die Bank einen großen Anlagenzuwachs, wo die Kunden damit doch kaum Rendite erzielen können?

„Der Trend geht verstärkt zu einer sicheren Geldanlage mit überschaubarem Risiko“, meint Engelhardt und erklärt damit gleichzeitig, weshalb die Mitglieder und Kunden der Raiffeisenbank verhältnismäßig selten Aktien zeichnen. Dieses Segment stagniert zudem wegen gestiegener bürokratischer Hürden. Während Kunden online jederzeit mehrere Tausend Euro in Aktien eines einzigen Unternehmens stecken können, falle dafür in der Filiale ein ganzer Stapel Papier an. „Wir neigen in Deutschland dazu, zu überzeichnen. Nun stehen Beratungszeit und Provision nicht mehr im Verhältnis“, sagt Göhring. Die Raiffeisenbank rate ihrer konservativen Grundeinstellung gemäß ohnehin weniger zu Spekulationen mit einzelnen Aktien denn zu Fonds und Zertifikaten. Letztere sind aktienähnliche Produkte und erfreuen sich steigender Nachfrage (plus 5,5 Millionen Euro). Hier dient der Aktienkurs als Referenz und bestimmt über die Verzinsung. „Wenn die Erwartung nicht eintrifft, fällt die Verzinsung zwar aus. Damit steht der Kunde aber nicht schlechter da, als wenn er sein Geld auf dem Konto hätte liegen lassen“, erläutert Göhring. Im Schnitt liegt die Rendite bei solchen Zertifikaten bei 1,8 Prozent.

„Können nicht ausbüchsen“

Die Raiffeisenbank Altdorf-Feucht zählt bei gut 22 000 Kunden inzwischen mehr als 11 000 Mitglieder (wir berichteten). Engelhardt spricht in diesem Zusammenhang von einer„überdurchschnittlichen Quote“, die für eine emotionale Bindung und Vertrauen in das Konstrukt Genossenschaftsbank spreche. „Andere haben Fassaden, wir haben Gesichter“, sagt Göhring und versucht den Unterschied zu diversen Privatbanken zu verdeutlichen. „Wenn wir als Vorstand etwas verfügen, dann sind wir danach auch noch vor Ort verfügbar. Wir können gar nicht ausbüchsen, das ist ein hohes Regulativ“, meint Göhring weiter und verspricht allen Kunden, weiter „auf dem Pfad der Tugend“ zu bleiben und nicht gegen eigene Überzeugungen zu handeln. Solange die Zahlen stimmen, sollen deshalb auch alle Filialen erhalten und auf dem technisch aktuellen Stand gehalten bleiben. Neue Kunden erhoffen sich Göhring und Engelhardt zudem von der Schließung der Feuchter Postbank-Filiale. In Kürze wird diese ihren Standort an der Bahnhofstraße aufgeben (wir berichteten).

Quelle:
Der Bote, März 2019